Die Konsumillusion: Warum der richtige Konsum nichts nützt

Philippe Wampfler
2 min readDec 28, 2017

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Große Firmen verursachen viele Missstände: Sie schaden der Umwelt, entziehen Gemeinschaften durch Steuertricks wichtige Ressourcen, nutzen Angestellte aus, arbeiten generell nicht nachhaltig.

Ob Amazon, Apple oder Nestle — das Problem betrifft alle Unternehmen, die auf dem globalen Markt eine Rolle spielen.

Die Konsumillusion ist nun eine verbreitete Haltung gegenüber dem Problem: Individuen werden aufgefordert, ihre Kaufentscheidungen zu überdenken. Lieber in der lokalen Buchhandlung kaufen statt bei Amazon. Lieber ein Fairphone statt ein iPhone. Besser ein Gemüseabo statt das, was Nestle in den Supermarkt stellt.

Die Vorstellung, der richtige Konsum würde das eingangs genannte Problem beseitigen, ist aus mehreren Gründen irrig:

  1. Das Problem wird von einem System verursacht. Unternehmen, die fair mit Mitarbeitenden umgehen, sich solidarisch verhalten und nachhaltig operieren werden nie so groß. Jede Art von Konsum findet in diesem System statt und kann es nicht ändern.
  2. Verantwortlich sind nicht Kundinnen und Kunden, sondern die politischen Akteurinnen und Akteuere, welche Rahmenbedingungen für Apple, Amazon und Nestle geschaffen haben. Es ist ein Trick, diese Verantwortung auf ohnmächtige Individuen abzuwälzen.
  3. Die Konsumillusion lenkt ab: Wer einfach andere Geräte und in anderen Geschäften einkauft, übersieht:
    a) dass Venture Capital Ungleichgewichte schafft, die Tech-Unternehmen erlauben, jahrelang Verlust zu machen, um eine »Disruption« durchzusetzen
    b) die Angestellten bei der Konkurrenz auch keine fairen Löhne erhalten
    c) wir gar nicht mehr wissen, ob ein Fairphone oder ein iPhone nachhaltiger und umweltschonender produziert worden sind, wir es einfach glauben müssen oder wollen
    d) wir uns mit der Konsumillusion ein ruhiges Gewissen machen können, wo kein ruhiges Gewissen angebracht ist — die Menschen, die Ressourcen, die Steuern, die Umwelt: diese Probleme löst alternativer Konsum nicht

Es ist sicher nicht falsch, sich beim Kaufentscheidungen Gedanken zu machen. Aber diese Gedanken ersetzen keine politische Aktion. Mag sein, dass Konsumsignale das eine oder andere Unternehmen zum Umdenken zwingen können — schön, wenn das passiert. Aber der nötige grundlegende Wandel wird so nicht herbeigeführt.

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