Das zentrale Problem von Kryptowährungen

Philippe Wampfler
2 min readApr 23, 2022

Rund um Kryptowährungen gibt es zwei polare Haltungen:

  1. Sie sind eine Innovation, die Menschen – besonders solchen auf Ländern mit unzuverlässigen Institutionen – und Unternehmen helfen wird, sich unabhängig von Banken und Staaten mit stabilen Anlage- und Zahlungsmöglichkeiten zu versorgen. Zudem sind viele Kryptowährungen heute attraktive Anlagemöglichkeiten, weil sich ihr Wert steigert.
  2. Kryptowährungen lösen kein Problem, weil Technologie Vertrauen nicht ersetzen kann, auch nicht bei finanziellen Transaktionen. Mehr noch: Kryptowährungen sind mehrheitlich verschleierte Betrugsversuche, die es reichen Menschen ermöglichen, sich auf Kosten naiver und armer Investor*innen zu bereichern – ganz abgesehen davon, dass die verbreiteten PoW-Kryptowährungen enorm viel Energie verbrauchen.

Für mich – als Laie, der Fachdiskussionen mitverfolgt – gibt es ein zentrales Problem: Kryptowährungen sind einerseits Zahlungsmittel, andererseits Anlage- und Spekulationsobjekte. Sie sind also eine Kombination aus Aktien und Währung. Das Problem dabei ist: Kryptowährungen repräsentieren keine Werte. Auch wenn sie Strom verbrauchen, ist dieser Strom ja nicht als Wert gespeichert. Aktien hingegen stehen für einen Anteil an einem Unternehmen, das an sich einen Wert hat.

Währungen funktionieren, wenn Menschen daran glauben – sie erlauben letztlich nur einen flexibleren Umgang mit Gütern und Dienstleistungen. Anlageobjekte funktionieren nicht, wenn Menschen nur daran glauben – das sind dann immer Betrugsversuche. Das Problem mit Kryptowährungen ist also, dass Fans versuchen, andere ins System reinzuziehen. Würde es sich um eine funktionierende Währung handeln, wäre das unnötig – diese Überzeugungsversuche sind ein Zeichen davon, dass es sich um eine problematische Anlageform handelt.

Ich könnte als privater Anleger 2000 Franken statt in Bitcoin auch in japanische Yen investieren, wenn ich der Meinung wäre, der Yen könnte gegenüber dem Schweizer Franken steigen. Das ist aber deshalb nicht besonders attraktiv, weil die japanische und die schweizerische Zentralbank die Währungen so kontrollieren, dass extreme Schwankungen unwahrscheinlich werden – gerade weil es vernünftige Zahlungsmittel auch im internationalen Güterverkehr sein sollen. Die Tatsache, dass Anleger*innen auf die Idee kommen, Kryptowährungen zu kaufen, zeigt, dass sie einen Wert erwarten, wo keiner vorhanden ist. Das ist für mich das zentrale Problem von Kryptowährungen.

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Philippe Wampfler

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